Positionspapier Nr. 9 Aggressionspotential und Kraftfahreignung

 

DGVP_Positionspapier 09_2020 Aggressionspotential

Rasen, Drängeln, Beschimpfungen und mitunter sogar körperliche Auseinandersetzungen: Es scheint ruppiger und aggressiver zuzugehen auf Deutschlands Straßen, folgt man Klagen von Verkehrsteilnehmern oder dem Tenor  der öffentlichen Medienberichterstattung. Auch wenn die gern angeführte allgemeine moralische Verrohung der Gesellschaft dies nahelegen mag, gibt es keine seriösen wissenschaftlichen Belege für diese Entwicklung, zumal sich eine generell erhöhte Aggressivität innerhalb der Bevölkerung objektiv sehr schwer messen und quantifizieren lässt. Zum anderen spielt hier die subjektive Einschätzung eine zentrale Rolle und die ist unzuverlässig und systematisch verzerrt, denn was der eine Autofahrer als aggressiv empfindet, registriert ein anderer gar nicht: ob z.B. gedrängelt wird, empfinden Fahrer vollkommen unterschiedlich, je nachdem, welche Sicherheitsabstände sie selbst wählen.

Dennoch lösen Fahrerlaubnisinhaber oder –bewerber soziale Konflikte innerhalb
und/oder außerhalb des Straßenverkehrs mitunter durch aggressive Handlungen und begründen dadurch Bedenken gegen ihre Fahreignung. Solche aggressiven Verhaltensmuster werden in der verwaltungsrechtlichen Regelungsarchitektur als Aggressionspotenzial bezeichnet (vgl. § 11 Abs. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung, FeV) und bilden bereits seit vielen Jahren einen Anlass für fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen wie die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung infolge behördlicherseits angezweifelter Kraftfahreignung. Bei der Anwendung der gesetzlichen Regelungen wurde im Ergebnis des Arbeitskreises III beim 58. Verkehrsgerichtstag in Goslar (29.01.20 – 31.01.20) Optimierungspotenzial gesehen und Empfehlungen formuliert, z.B. in Hinblick auf polizeiliche Mitteilungspflichten an die Fahrerlaubnisbehörden oder auf das Verwaltungshandeln zur Überprüfung der Fahreignung.

Dieses Positionspapier unterstützt diese Initiative und versucht einerseits einen Beitrag zum besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen bereits gezeigtem aggressivem Verhalten, Aggressionspotenzial und Verkehrssicherheit zu leisten und andererseits auch Empfehlungen für Verfahrensverbesserungen zu unterbreiten.

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